Arnold Bernhard, CH

31. August 1926 – 1. Oktober 2007

Arnold Bernhard wurde am 31. August 1926 in Winterthur geboren, wo er mit seinem 9 Jahre älteren Bruder aufwuchs und auch die Schulen besuchte. Sein Vater arbeitete urspru?nglich in der Metallindustrie, daneben betätigte er sich aktiv als Sozialdemokrat in der Politik. So wurde er schon bald in verschiedene öffentliche A?mter gewählt, zuletzt in den Winterthurer Stadtrat, wo er lange Jahre mit seinem gütigen Wesen dem Waisen- und Fürsorgeamt vorstand. Die Mutter stammte aus dem Kanton Bern. Eine gestrenge Frau, die keine Widerrede duldete, andererseits aber vorbildlich fu?r Familie, Haus und Garten sorgte. A?usserlich war für Arnold wohl gesorgt. Je älter er aber wurde, umso schmerzlicher vermisste er kulturelle Anregungen.

Arnold ging gerne zur Schule und schon früh stand fu?r ihn fest, dass er selber Lehrer werden wollte. Nach der Matura begann er an der ETH mit dem Physik- und Mathematikstudium. Leider hielt seine Gesundheit diesen Anforderungen auf die Dauer nicht stand. So musste er nach seinem Vordiplom (5. Semester) sein Studium unterbrechen und nach dem 8. Semester endgültig abbrechen. Eine Lungentuberkulose erforderte einen 2-jährigen Aufenthalt im Sanatorium Universitaire in Leysin. Dort konnte er bei guter Pflege trotz geringer Kräfte sich dem Studium der Anthroposophie und den Gebieten der Mathematik, die ihn besonders interessierten, widmen. Der Mathematiker Louis Locher-Ernst war ihm damals in jeder Hinsicht Vorbild, Lehrer und Ansporn. «Von ihm lernte ich eine Behandlungsweise der Mathematik, die mir später in meinem Mathematikunterricht half, den Schülern Mathematik zu einem Erlebnis werden zu lassen.»

Nach vielen Jahren der Krankheitszeit trat Arnold Bernhard ins Oberseminar Zürich ein, wo er seine Ausbildung zum Lehrer mit Erfolg abschloss.

Während dieser Zeit lernte er Elisabeth Müller kennen. 1960 begann er an der Kantonsschule Winterthur als Mathematiklehrer zu unterrichten. Ebenfalls 1960 heirateten die beiden. Es wurde eine glückliche Ehe, getragen durch gegenseitiges Vertrauen, Achtung und tiefer Liebe. Leider blieb ihnen der Wunsch nach eigenen Kindern verwehrt. Durch die Adoption von Sohn Stefan und Tochter Ursula konnten sie dann doch als Eltern alle Freuden und Sorgen der Kindererziehung erfahren, durften auch erleben, dass aus beiden tüchtige Menschen geworden sind.

1965 kam von der Rudolf-Steiner-Schule Basel die Anfrage zur Mitarbeit als Mathematiklehrer. Mit der Übersiedlung nach Basel ging fu?r ihn ein still gehegter Wunsch, nach der Pädagogik R. Steiners zu unterrichten, in Erfüllung. Die Umstellung forderte dann allerdings viel Geduld, es musste ein neuer Unterrichtsstil gefunden werden. Mit den Jahren kamen dann immer mehr die Mitarbeit an den Lehrerseminaren in Dornach und Stuttgart hinzu, ebenso auch die Mitarbeit an der Mathematisch-Astronomischen Sektion am Goetheanum. Aus den gesammelten Erfahrungen heraus entstanden dann auch verschiedene Lehrbücher fu?r den Geometrie- und Algebraunterricht.

Das Unterrichten, Schüler zu fördern, angehende Lehrer auf ihre Tätigkeit vorzubereiten, waren ihm ein tiefes Anliegen.

Er durfte auch miterleben, wie seine 5 Enkelkinder heranwachsen. Seine letzten Lebensjahre waren leider immer wieder durch Krankheit überschattet. Mit Würde hat er die letzten Wochen, die einen Aufenthalt in der Ita Wegman Klinik nötig machten, ertragen.

Über viele Jahre hinweg hat mein Mann oft auch in den frühen Morgenstunden den Lauf der Sterne beobachtet.

Am 1. Oktober 2007 leuchtete am frühen Morgen hoch oben am klaren Himmel die Venus!

Elisabeth Bernhard-Müller

Arnold Bernhard in Kursen und als Autor

Es war im Jahr 1962, als ich zum ersten Mal Arnold Bernhard begegnete. Bei der von Dr. Georg Unger alljährlich veranstalteten mathematischen Schulungswoche am Goetheanum gab er einen Kurs in projektiver Geometrie. Erlebte man Dr. Ungers vorandrängende Vorgehensweise deutlich durch das feurige Element befruchtet, so glich diejenige von Arnold Bernhard eher einem ruhig dahin fliessenden Strom. An den breit angelegten Darstellungen konnte man als Zuhörer jede Einzelheit als etwas erleben, was dem Verständnis der Sache diente. Die Tafelzeichnungen, die Arnold Bernhard in seinen Kursen entstehen liess, waren immer aufs Sorgfältigste vorbereitet und von hoher Qualität. Ich sehe ihn noch vor mir, wie er vor Beginn der Kursstunden die Tafelkreide geradezu liebevoll mit Taschenmesser und Sandpapier bearbeitete, um dünne Linien und damit eine möglichst grosse Genauigkeit zu erzielen.

Als Arnold Bernhard auf der Grundlage seiner reichen Erfahrungen begann Bücher zu schreiben, mit denen er den Klassenlehrern an Waldorschulen eine Hilfe geben wollte fu?r ihre Arbeit im Algebra- und Geometrieunterricht, da suchte er den Gedankenaustausch mit erfahrenen Klassenlehrern und Fachkollegen aus der Ober- stufe über die inhaltliche Ausgestaltung. Mit grosser Offenheit nahm er auf, was sich in langen Gesprächen ergeben hatte, und gegebenenfalls ergänzte oder veränderte er sein Manuskript dementsprechend.

Dass gemeinsame Arbeit bei gleicher innerer Zielsetzung auch das Fundament einer Freundschaft sein kann, gehört zu den kostbaren Erfahrungen, die ich in meiner Beziehung zu ihm machen durfte.

Dafür bin ich tief dankbar.

Klaus Labudde, Oktober 2007

Publikationen

  • Geometrische Bilder für den Menschen und seine nachtodliche Verwandlung. Basel: Anthroposophische Gesellschaft, Paracelsus-Zweig 1998. Textheft / Bildheft
  • Projektive Geometrie: Aus der Raumanschauung zeichnend entwickelt. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 1984.
  • Bewegte Geometrie – Übungsfeld für imaginatives Anschauen. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 1999.
  • Schauendes Geometrisieren. Dornach: Verlag am Goetheanum 21996 (MAB 1).